Bericht China 3 Grenze Leshan - Beijing(Peking)
Vom 26.April 2015 – 13.Mai 2015; 18 Tage
Gesamt China: 1226km; (mit Bus 3416km) Gesamt 2014/2015: 13.658 km
Vom 26.April 2015 – 29.April 2014 Tag 98 (364) - Tag 101 (367)
Etappe Leshan - Emei Shan 39 km Rad; 54km zu Fuß Gesamtkilometer: 2653
Autor: Andrea Büchsenschütz
Wir waren schon mittags in Baoguo, ein Stadtteil von Emei direkt am Emei Shan (Shan=Berg). Die Strecke war kürzer als gedacht und Leshan geht quasi direkt in Emei über, eine wirkliche Stadtgrenze ist nicht auszumachen und von Ruhe in der Natur noch weit und breit keine Spur!
In Baogou wimmelt es nur so von Touristen, der Ort besteht praktisch nur aus Hotels, Restaurants und Souvenirläden. Im Teddy Baer Hotel übernachten wir, hier bekommt man gute Info´s zu möglichen Wanderungen, sowie Wanderkarten und kann sein Gepäck kostenlos aufbewahren, während man in den Bergen unterwegs ist. Am nächsten Tag wollen wir früh auf den Berggipfel (3099m) und dann in 2 Tagen ins Tal wandern.
Der Emei Shan ist einer der vier heiligen buddhistischen Berge Chinas, der Legende nach soll der Bodhisattva Samantabhadra (Herr der Wahrheit) auf seinem weißen dreiköpfigen Elefanten auf den Berg geflogen sein, deshalb gilt der Berg als sein Aufenthaltsort. Neben unzähligen Touristen begegnen einem auch immer wieder ein paar Pilger, denn es stehen noch viele Tempel und Klöster an den Hängen des Berges. Teilweise wurden auch diese während der Kulturrevolution zerstört bzw. geplündert, sie litten im Krieg gegen die Japanern oder wurden Opfer der Flammen. Einige Tempelanlagen sind restauriert oder wieder aufgebaut wurden. Der Tempel Jinding auf dem Gipfel ist ein Neubau und die große vergoldete Statue der Samantabhadra wurde erst 2006 aufgestellt.
Wir sitzen morgens um 6:30 Uhr im Minibus, der zur oberen Seilbahn fährt, von hier gelangt man zum Gipfel. Mit uns sitzen eine chinesische Reisegruppe mit ihrem Reiseleiter im Bus und der erzählt ununterbrochen. Wir fürchten schon, dass der Redefluss die gesamten 2 Stunden Fahrt andauert, doch nach einer Stunde hat er es geschafft! Am Parkplatz unterhalb der Seilbahn stehen schon etliche Busse, die vielen chinesischen Reisegruppen folgen gehorsam ihrem Reiseleiter, jeder hat ein Kärtchen mit Nummer um den Hals baumeln, damit keiner verloren geht. Wir nehmen die ersten Stufen nach oben, kaufen ein Ticket für die Seilbahn und kommen relativ schnell auf den Gipfel. Wie an anderen touristischen Orten auch, ist hier schon die Hölle los, ein Gewimmel und Gewusel, Reiseleiter geben lauthals ihren Gruppen Instruktionen, dazwischen ein paar Pilger im Gebet vertieft, Souvenirstände, Essensbuden, Fotografen die um Kundschaft buhlen. Trotz all dem Lärm ist der Gipfel mit der großen Samantabhadra-Statue beeindruckend, ebenso die steil abfallenden Hänge, die in heraufsteigenden Nebel gehüllt sind.
Nach einer kleinen Zwischenmahlzeit wollen wir den Abstieg in Angriff nehmen, es wird keine normale Wanderung, denn die Wege bestehen zum größten Teil aus Stufen! Die Hänge fallen so steil ab, das es keine andere Alternative gibt, als Stufen in den Berg zu bauen. Es begegnen uns die ersten Pilger auf den Weg nach oben, sie gehen 3-4 Schritte, um sich dann hinzuknien und mit dem Kopf die Treppen zu berühren. Sie stehen wieder auf und vollziehen den gleichen Bewegungsablauf immer und immer wieder, bis sie endlich den Gipfel erreichen. Nach einigem Suchen finden wir den Wanderweg nach unten und hier herrscht auch endlich die ersehnte Ruhe, denn die meisten Touristen fahren nur mit der Seilbahn auf den Berggipfel. Der Weg windet sich zunächst an den Steilhängen entlang und danach geht es Stufe für Stufe hinab. Wir laufen durch dichte Wälder, riesige Rhododendren blühen, Pinien, Zedern, Bambus und Farne säumen den Weg. Am Elefantenbad (Xixiang Chi) die erste Rast, hier soll der weiße Elefant geschrubbt wurden sein. An Essensständen und kleinen Restaurants herrscht kein Mangel auf dem Wanderweg, so gönnen wir uns hier gebratenen Reis zum Mittagessen. Bevor wir den Weg fortsetzen können müssen wir an den ersten Tibetmakaken vorbei. Die Affen werden von Wärtern mit Futter angelockt und dienen als Touristenattraktion, für mich eine sehr zweifelhafte Art des angeblichen Tierschutzes! Denn die Tiere sind überaus aggressiv und angriffslustig und es ist überhaupt kein Spaß, an einem wild fauchenden Affen vorbei zu müssen, der versucht einen zu attackieren um an Futter zu kommen! Wir lassen die Affen hinter uns und nehmen weiter Stufe um Stufe nach unten. Der Verlauf des Weges ist nie im Voraus zu erkennen, die Hänge fallen unglaublich steil ab, alles ist dicht bewachsen, man kann nicht mal erahnen, wo der Weg langgehen könnte. Etliche Bergspitzen ragen in die Höhe, manchmal kann man eine Tempelanlage in der Ferne erkennen, doch weiß man nie, ob man da auch vorbei kommt! Wir sind froh, dass wir uns für den Abstieg entschieden haben, denn die vielen Treppen nach oben kraxeln ist weitaus anstrengender und manch einer hat schon kapituliert. Doch dafür gibt es Sänftenträger, diese tragen den erschöpften Touristen gegen gutes Geld weiter. Ist man erst einmal auf dem Wanderweg, so kommt man hier nicht ohne weiteres weg, entweder man muss hoch zum Gipfel oder runter zu einer Seilbahn bzw. zum Busparkplatz und das können schon mal gut 15km Fußmarsch (Treppenlauf) sein! Ich bewundere die Sänftenträger, wie sie auf den oft steilen und sich eng windenden Treppen die Touristen schleppen. Ebenso sind die Lastenträger zu bewundern, denn alles was hier oben verkauft wird muss mühsam hoch geschleppt werden! Immer wieder begegnen sie uns mit ihren Körben mit Gemüse, Getränken oder auch großen Gasflaschen. In regelmäßigen Abständen kommen mal kleine Versorgungsstände oder Garküchen, verhungern oder verdursten muss hier keiner!
Am Yuxian Tempel steht in 1680m Höhe eine kleine Klosteranlage mit tollen Blick über die Berge, es ist noch zu früh zum übernachten, also wandern wir weiter. Die Beine beginnen schon zu schmerzen, die Muskeln sind müde, die vielen Stufen schaffen uns zunehmend. Es geht weiter nach unten, manchmal auch wieder 400 Stufen nach oben über einen kleinen Bergkamm und dann taucht plötzlich die Klosteranlage Xianfeng auf. Das große Kloster liegt mitten im Wald an steilen Berghängen, es ist aber alles andere als gut in Schuss, dafür sind die Zimmer überteuert! Wir überlegen weiter zu gehen, doch es ist schon spät und die nächste Übernachtungsmöglichkeit kommt erst in ca. 15km. Im Dunkeln wollen wir auf keinen Fall hier herum wandern! Wir bekommen jeder ein Bett in einem Vierbettzimmer, zahlen für die muffige schimmelige Bude über 20 Euro, ein Doppelzimmer hätte das doppelte gekostet, wäre nicht wesentlich besser und ebenso ohne Bad! Es ist kalt draußen, doch im Kloster ist es kalt und muffig und so wandern wir noch mit unserer Taschenlampe ausgerüstet zur Jiulao Höhle. Der Weg windet sich an der Steilwand entlang, vorbei an einem Pavillon und dann stehen wir vorm Höhleneingang. Die ersten Fledermäuse sausen dicht an uns vorbei und berühren uns, denn wir stehen direkt in ihrer Einflugschneise. Langsam folgen wir dem Weg ins dunkle Innere der Höhle, immer wieder hört man die Geräusche der Fledermäuse, es ist unheimlich hier. Von unten kommen uns 3 Chinesen entgegen, keine Ahnung wie weit es noch in die Höhle geht, sie verstehen uns nicht. Mit der kleinen Taschenlampe leuchte ich, doch man sieht nicht viel, es ist stockdunkel um uns herum. Micha macht Foto´s und so erhellt der Blitz die Höhle für wenige Sekunden. Wir sehen Buddha Bildnisse und Treppen, die immer weiter nach unten führen, doch wir gehen lieber zurück, so ganz allein hier unten im Dunkeln ist einfach zu gruselig. Also ab ins Bett in unser muffiges kaltes Zimmer, noch sind wir allein im Vierbettzimmer und so schnappen wir uns zusätzlich die Decken von den anderen beiden Betten. Erschöpft schlummern wir ein, doch nicht lange, denn eine laute chinesische Reisegruppe zieht ein. Überall geht das Licht an, auch in unserem Zimmer, es wird geschrien, die Türen geknallt, ein Höllenlärm bricht los und es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis sie alle endlich in ihren Betten liegen und Ruhe einkehrt! Bei uns wird glücklicherweise keiner mehr einquartiert, so können wir die Decken aus den beiden anderen Betten behalten.
Wir haben den Wecker auf 5:30 Uhr gestellt, je früher man auf dem Weg ist umso besser, doch Wecker stellen hätten wir uns sparen können. Als der Erste aus der chinesischen Reisegruppe die Augen aufgeschlagen hatte setzte wieder der gleiche Lärm wie in der vergangenen Nacht ein! Normale Unterhaltung geht nicht, es muss gebrüllt werden, von Rücksichtnahme keine Spur! Dafür sind wir um kurz nach 6 Uhr wieder auf der Strecke, Frühstücken wollen wir lieber unterwegs. Noch haben wir den Wanderweg für uns allein und können die Ruhe in der Bergwelt genießen. Die Beine wollen nicht so richtig, aber sie müssen weiter Stufe für Stufe nehmen. Am Hongchun Ping, einem weiteren Kloster machen wir eine Pause und besichtigen die Anlage. Ein schönes altes Holzkloster, auch Mönche treffen wir hier, genau so stellt man sich ein Bergkloster vor. Die Treppen winden sich jetzt in vielen Kehren in die Tiefe, dann eine Brücke und es geht wieder hoch. An der Brücke warten 3 Chinesen, die mit uns im selben Kloster übernachtet haben, denn hier sitzen wieder jede Menge Affen. Die Drei sind mit dicken Bambusstöcken ausgestattet und so gut gegen die Affen gerüstet, wir sind auf jeden Fall dankbar für die Hilfe. Zwischen dem Hongchun Ping und dem Qingyin Pavillon befindet sich die sogenannte Affenzone. Eigentlich ist hier ein toller Pfad mit Brücken in die Schlucht gebaut wurden, doch diesen kann man auf keinen Fall gehen, denn er ist von Affen übervölkert! Wir befinden uns in der Ökologischen Affen-Zone, doch ökologisch ist hier nichts! Die Affen wurden mittels Futter hier her gelockt, um noch mehr Touristen an den Ort zu bringen! Die Tiere sind dennoch gefährlich und oft aggressiv und es ist gut einen Bambusstock dabei zu haben! Und genau deshalb darf man auf keinen Fall den Brückenpfad nehmen, da können einem auch die Wärter nicht mehr helfen. Ich will möglichst schnell da weg, finde das Schauspiel eher abstoßend und bunte Affen an den Souvenirständen braucht auch kein Mensch. Es folgt ein schöner schmaler Pfad durch eine enge Schlucht, dann kommt der Qingyin Pavillon. Der nächste Parkplatz ist Nahe, drum tummeln sich hier wieder zig Reisegruppen, denn für die Chinesen ist die Affen-Zone eine tolle Attraktion!
Nach einigem Suchen finden wir den Abzweig zum Zhongfeng Tempel, zur Abwechselung müssen unsere müden Beine jetzt Stufe für Stufe nach oben. Ab und zu begegnen uns Touristen, es wird wieder ruhiger, eine singende Pilgergruppe kommt uns entgegen. Der große Zhongfeng Tempel aus dunklem Holz kommt unvermittelt in Sicht. Wir kämpfen uns weiter die Stufen hoch, dann wieder viele Treppen runter und so windet sich der Weg über die Hügelkette. Vorbei am Shenshui Tempel, der Chunyang Hall und dem Leiyin Tempel, wir sind am Ausgang, geschafft. Noch die letzten Kilometer zurück nach Baoguo und um kurz nach 14 Uhr erreichen wir das Teddy Baer Hotel! Die Beine sind zentnerschwer, wir nehmen mit letzter Kraft die Stufen in unser Zimmer. Der nächste Tag wird grausam, ein Muskelkater wie nie zuvor quält uns, der wird sicher noch ein paar Tage andauern. Jeder im Hotel, der gewandert ist bzw. den Treppenlauf am Berg auf sich genommen hat, geht irgendwie komisch! Bin gespannt, wann wir wieder normal laufen können. Dennoch hat sich die Strapaze gelohnt, eine tolle Landschaft, spektakuläre Steilhänge und schöne alte Holzklöster in der dunstigen Bergwelt.
Vom 30.April 2015 – 03.Mai 2014 Tag 102 (368) - Tag 104 (371)
Etappe Emei Shan - Xi'an 12 km Rad; 945 km Bus Gesamtkilometer: 2665
Autor: Andrea Büchsenschütz
Von Baoguo nahmen wir den Bus nach Chengdu, Fahrräder passten zum Glück rein, denn der Bus ist ziemlich klein. In Chengdu angekommen wollten wir eigentlich nur ein Ticket für den Bus nach Xi'an am nächsten Tag besorgen und haben uns dafür trickreich durch die Sicherheitskontrolle geschmuggelt. Da es noch freie Plätze für den selben Tag gab, wollten wir direkt los. Dank der Hilfe des Personals auch mit unseren Rädern kein Problem. Kurz nach 15 Uhr fuhren wir ab, eine 19 stündige Fahrt lag vor uns. In der Nacht machte der Bus von 1 Uhr bis 5 Uhr eine Pause auf einem Rasthof, keine Ahnung warum, wir verstehen ja nie was gesagt wird, aber anscheinend ist das Normal. Morgens endlich in Xi´an und es regnet, der Bus hält einfach an einer großen Straße und schmeißt alle raus. Wenigstens sind wir in der Nähe der Altstadt und so ist das Hotel schnell gefunden. Ab in die Dusche und dann zum ersten Rundgang, Xi´an ist noch von einer imposanten Stadtmauer umgeben, doch eine Altstadt mit traditionellen Häusern gibt es nicht mehr. Der Trommelturm und Glockenturm lag auf unserem Weg, ebenso die sogenannte Moslemstreet. Diese Straße liegt im muslimischen Viertel, dem Viertel der Hui. Von der Straße, den Häusern oder den Geschäften ist nichts zu sehen, denn wahre Menschenmassen schieben sich hindurch. Dicht gedrängt stehen die Händler an ihren Garküchen und preisen Fleisch, Fisch oder Süßes an, einer schreit lauter als der andere, es ist schlimmer als auf dem Jahrmarkt! In unserer Straße lebten ebenfalls viele Moslem und dort ging es wesentlich gelassener zu, auch ein schönes Stammlokal war hier jenseits des Touristenrummels schnell gefunden.
Das Highlight ist zweifellos die Terrakotta-Armee, tausende Soldaten haben über 2000 Jahre schweigend den toten ersten Kaiser Chinas, Qin Shihuangdi, bewacht. Bis 1974 Bauern beim Graben eines Brunnens auf unterirdische Höhlen stießen und die Terrakotta-Armee entdeckten. Es sind 3 Gruben zur Besichtigung freigegeben, unzählige Soldaten sind zu bestaunen, keiner gleicht dem anderen, jeder hat eine ganz eigene Mimik. Vom Bogenschützen bis zum Offizier sind alle Soldaten dargestellt, selbst Pferde gibt es, die Kutschen sind nicht mehr vorhanden, nur Abdrücke der Räder sind zu sehen. Die Größte der 3 Gruben ist die Grube 1, hier stehen die Soldaten und ihre Pferde in schlachtbereiter Aufstellung. Es wirkt gerade so, als ob der Kampf gleich losgeht, als würden die Soldaten sich jeden Moment in Bewegung setzen. Doch das einzige was sich bewegt ist der niemals abreisende Strom an Besuchern. Trotz der vielen Menschen hat man genug Raum zum Schauen und Verweilen, denn je länger man hier steht desto mehr Kleinigkeiten und Details nimmt man wahr. Auch Ausgrabungsarbeiten finden weiterhin statt und so kann man sehen, wie die Figuren oft in mühevoller Arbeit wieder zusammengesetzt werden. Im dazugehörigen Museum sind noch zwei bronzene Kutschen mit Pferden zu sehen, außerdem originale Waffen und einige besonders schöne Terrakotta Soldaten sind ausgestellt und so auch gut aus der Nähe zu betrachten.
Wer dann noch nicht genug an Terrakotta Figuren hatte, der kann sich wie wir das Grab des Kaisers Jingdi ansehen. Ein großes Ausgrabungsgelände umgibt das Mausoleum und das Museum. Im Museum sieht man viele Terrakotta Figuren, die Diener, Eunuchen oder Haustiere und Pferde darstellen, keine Soldaten. Den Figuren fehlen leider die Arme, da sie ursprünglich aus Holz waren und verrottet sind. Im Grab selbst gibt es 21 Gruben, die mit Glasböden abgedeckt sind, der Raum ist abgedunkelt und schafft so eine besondere Atmosphäre. Man läuft über die Gruben und kann die vielen kleinen Terrakotta Figuren ganz in Ruhe bestaunen, denn Touristen verschlägt es hier nur sehr wenige hin. Es werden noch viele weitere Gräber vermutet und so finden hier noch immer Ausgrabungsarbeiten statt. Zurück nach Xi'an mit dem übervollen kleinen Stadtbus und dann wieder in die Metro, natürlich nicht ohne Sicherheitskontrolle. Denn ohne Sicherheitskontrolle geht in China nichts! Man muss seine Tasche durch den Scanner schicken, bevor man in den U-Bahnbereich kommt, Michaels Tasche wurde auch schon mal ignoriert, die Flasche auch, alles mehr Schau als wirkliche Kontrolle, außerdem hatte Micha immer ein Taschenmesser dabei, interessiert auch keinen. Aber wenn es den Chinesen glücklich macht und sich alle so in Sicherheit wiegen, dann bitte!
Vom 04.Mai 2015 – 12.Mai 2014 Tag 105 (372) - Tag 113 (379)
Etappe Xi'an - Beijing(Peking) 45 km Rad; 64 km zu Fuß, 970 km Bus Gesamtkilometer: 2710
Autor: Andrea Büchsenschütz
Auf nach Peking, China´s Hauptstadt mit ca. 20 Mio. Einwohnern und zahllosen Sehenswürdigkeiten müssen wir noch sehen, bevor wir das schöne beeindruckende Land verlassen. Doch vorm Vergnügen steht Stress, es heißt wieder einmal mit dem Bus über 1000 km zurücklegen, diesmal im Schlafbus. Das sind große Überlandbusse, in denen zweistöckige Betten in 3 langen Reihen angeordnet sind. Ziemlich eng, aber auf so einer langen Fahrt echt bequem, es sei denn, man ist größer als 1,75m, das trifft auf die wenigsten Chinesen zu. Unsere Schlafkojen lagen direkt an der Toilette, der Gestank breitete sich mit zunehmender Fahrtdauer aus, nichts für empfindliche Nasen, aber wir haben es überlebt.
20km außerhalb vom Pekinger Stadtzentrum liegt der Busbahnhof, wir sind ziemlich fertig und Michael mit den Nerven am Ende, liegt sicher auch an dem nächtlichen Toiletten-Gestank! Wir haben nämlich gerade unsere Räder wieder bepackt und wollten los radeln, doch nein, nicht ohne Sicherheits-Check! Um das Gelände verlassen zu dürfen müssen alle Taschen wieder vom Rad und durch den Scanner, keine Ahnung was das soll, denn vor Fahrtantritt wird eh alles kontrolliert. Michael war kurz vorm ausflippen, alles Schimpfen und Meckern hat aber nichts genützt, erst Kontrolle, dann Gelände verlassen, völlig unsinnig, aber nicht zu ändern. Der Sicherheitsbeamte hat nicht mal auf den Monitor geschaut, spielt lieber mit seinem Handy, man fühlt sich ein wenig schikaniert.
Am Nachmittag sind wir schon wieder fit genug, denn wir brauchen noch ein paar Informationen bezüglich der Transsibirischen Eisenbahn. Die Idee war mit der Transsibirischen Eisenbahn von Ulan Bator (Mongolei) oder Peking nach Moskau zu fahren und dann weiter nach Lettland. Im CITS, einem großen Reiseunternehmen China´s, verwies man uns ans Hotel International, die können Reisen für Ausländer buchen. In der Filiale vom CITS in eben diesem Hotel, kann man nur Transsibirische Eisenbahn Tickets ab Peking buchen, für weitere Informationen müssen wir in ein mongolisches Reisebüro. Nach langem Suchen finden wir das Büro in einem Hochhaus im 10 Stock, doch keiner da, toll. Keine Öffnungszeiten an der Tür, kein Hinweis und die Büro´s nebenan kannten das Reisebüro auch nicht wirklich, alles irgendwie komisch. Wir haben nochmal alle Möglichkeiten abgewägt und sind zu dem Schluss gekommen, das Transsibirische Eisenbahn für uns sowieso nicht wirklich sinnvoll ist. Denn mit unserem ganzen Kram kann man nicht einfach den Zug verlassen und ein paar Tage später in den nächsten steigen, Räder müssen in den Gepäckwagen, falls vorhanden, alles nicht so einfach. Eine Fahrt mit der Transib macht aber nur dann Sinn, wenn man unterwegs den Zug verlassen kann, Übernachtungen in Städten einplant und dann wieder in einen anderen Zug steigt. Das muss allerdings genau geplant werden, alle Übernachtungen müssen vorgebucht werden, alle Zugtickets, Ausflüge usw., sonst bekommt man kein Touristenvisum für Russland! Also lassen wir das und fliegen von Peking nach Riga, fertig, außerdem viel billiger als mit dem Zug zu reisen. Flug ist schnell über das Internet gebucht, Unterkunft auch und nun können wir uns in Ruhe den Sehenswürdigkeiten widmen.
Zuerst wollen wir gemütlich durch ein Hutong spazieren. Hutongs sind traditionelle Wohnbebauungen in denen einstöckige Hofhäuser in oft sehr engen Gassen stehen. Die Hutongs in Peking verschwinden zunehmend, denn auf der gleichen Fläche lassen sich viel mehr Menschen in Hochhäusern unterbringen, als in den kleinen Wohnhöfen. Noch gibt es etwa 1000 dieser schönen Gassen, es waren mal mehr als 6000! In meinem Reiseführer ist ein Rundgang beschrieben, dem folgen wir und kommen so auch durch Gassen ganz ohne Touristenrummel. Große Eingangstore schmücken einige Wohnhöfe, mache stehen offen und man kann einen Blick hinein werfen. An ihren Toren stehen entweder Löwen oder sogenannte Trommelsteine. Der Weg endet beim Glockenturm, den besteigen wir auch noch und genießen den Blick über die erstaunlich grüne Stadt. In einer Linie (Nord-Süd) steht der Trommelturm, von ihm aus sieht man den Hügel vom Jingshan Park. Der Hügel entstand aus Aushub vom Wassergraben, der die Verbotene Stadt umgibt.
Viele Reste der großen Mauer liegen in der Nähe von Peking, Badaling ist der bekannteste Mauerabschnitt, aber auch der meistbesuchte und somit ziemlich überlaufen. Wir entscheiden uns für Jinshanling, dieser Mauerabschnitt liegt 142km nordöstlich von Peking. Mit einer kleinen Reisegruppe geht es im Bus 3 Stunden bis zum Startpunkt, die Reiseleiterin gibt unterwegs genug Informationen und so kann sich jeder am Startpunkt allein auf die Wanderung begeben. Wir starten bei Turm 5, die Wanderung geht bis Simatai, ca. 10km. Es sind kaum Touristen hier und man hat die Mauer oft für sich allein. Auf vielen gewundenen Wegen auf der Mauer geht es durch eine atemberaubende Gebirgslandschaft. Sehr steil klettern wir auf die Bergkämme, vorbei an vielen Wachtürmen, dann wieder auf groben Steintreppen hinab, immer den Verlauf der Mauer und die vielen Türme im Blick. An machen Stellen ist sie restauriert, dann wieder wilde unrestaurierte Abschnitte. Man kann sich kaum vorstellen, dass der Bau der Mauer schon vor über 2000 Jahren begann. Sie sollte vor eindringenden Nomaden und Mongolen schützen, doch Dschingis Khan nahm sie ein und die Mongolen herrschten von 1279 bis 1368 in China. Unser Weg endet in Simatai West, bis Ost darf man nicht mehr laufen, die Mauer ist dort in einem sehr schlechten Zustand und für Besucher gesperrt. Am Turm 22 verlassen wir die Mauer und folgen einem Pfad hinunter ins Tal, wir sind glücklich, erschöpft und noch ganz beeindruckt von der großen Mauer und der wilden Gebirgslandschaft. Die Residenz von Kaiser Yong Zhen wurde 1744 in ein Lamakloster umgewandelt und ist heute der berühmteste buddhistisch-tibetische Tempel außerhalb Tibets. Er zieht viele Pilger und natürlich auch Touristen an, in der fünften Halle steht ein 18m hoher Buddha, der aus einem einzigen Sandelholzbaum geschnitzt wurde. Die vielen Hallen, Nebengebäude und Innenhöfe sind bezaubernd und laden zum Verweilen ein. Man kann Gläubige und Pilger bei ihren Ritualen beobachten, die reichhaltigen Verzierungen und bunten Dächer bestaunen und die Ruhe mitten in der Stadt genießen. Natürlich liegt der Tempel in einem Hutong und so schlendern wir noch durch die Gassen des ruhigen Viertels.
Die Verbotene Stadt ist die Sehenswürdigkeit schlechthin in Peking und so machen wir uns mit gefühlten hunderttausend Anderen auf zur Besichtigung. Die Verbotene Stadt ist die größte Palastanlage der Welt, sie war 500 Jahre lang für Normalsterbliche gesperrt. Ihr Eingang liegt am Tiananmen Platz, mit 440 000 m² der größte öffentliche Platz der Welt. Mao wollte damit die enorme Größe der kommunistischen Partei versinnbildlichen. Traurige Berühmtheit erhielt der Platz 1989, als im Rahmen einer Demonstration viele Menschen getötet wurden.
Bevor man die Verbotene Stadt betritt geht man durch das zum Tiananmen Platz gehörende Tor des Himmelsfriedens, ein überdimensionales Portrait Maos hängt hier. Er rief an dieser Stelle am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik China aus. Durch das Mittagstor betritt man den Bereich der Verbotenen Stadt, dieser Eingang war früher ausschließlich dem Kaiser vorbehalten. Es folgt ein riesiger Hof mit dem Goldwasserbach, über eine der 5 Marmorbrücken gelangt man zum Tor der Höchsten Harmonie. Es folgen zahlreiche Hallen, Tore, große Plätze, Wohn- und Nebengebäude, ein Palastgarten, die Gebäude sind teilweise in schlechtem Zustand. Zu sehen gibt es außer Menschenmassen nicht besonders viel, einzig die Größe der Anlage beeindruckt. Mit Hilfe des Reiseführers auf meinem Tablet bekommen wir ein paar nützliche Informationen. So wissen wir mehr als mancher Reiseleiter, denn eben dieser wollte seiner Gruppe weiß machen, das die unanatomisch knienden Elefanten Konstruktionsfehler sind. Als ob der Kaiser Konstruktionsfehler in seiner Palastanlage dulden würde. Die Elefanten knien so merkwürdig, weil sie vorm Kaiser den Kotau (ehrerbietiger Gruß im Kaiserreich) machen, wie alle seine Untertanen und damit symbolisieren sie die enorme Macht des Kaisers.
Wir verlassen die Palastanlage und laufen zum Jingshan Park gegenüber. Eine ziemlich verwirrte und völlig aufgelöste Deutsche spricht wahllos Passanten auf deutsch an, doch keiner kann sie verstehen. Wir fragen sie was denn passiert ist und sie ist erst einmal glücklich jemanden zu treffen, der ihre Sprache spricht. Die Frau hat ihre Reisegruppe verloren und weiß nicht einmal mehr wo sie gerade ist und wo der Treffpunkt ihrer Gruppe ist. Wir haben versucht das Problem zu lösen und hoffen sie hat den Weg gefunden. Der Park ist nicht nur wegen seiner Blumenpracht sehenswert, sondern alle pilgern auf den kleinen Hügel mit buddhistischen Tempel, denn von hier aus hat man einen guten Ausblick auf die Verbotene Stadt. In der Nord- Süd- Achse liegt auf der anderen Seite der Trommelturm. Wir schlendern noch durch den Park, beobachten eine große Gruppe älterer Leute, die sich zum gemeinsamen Musizieren treffen und laufen nochmal 4 km zum Hostel.
Regen am nächsten Tag, keine Ausflugswetter, also packen wir unseren Kram für den Flug und schaffen es unsere 10 Gepäcktaschen auf 6 zu minimieren. Aeroflot gewährt 2 Gepäckstücke a 23kg pro Person, das Fahrrad zählt als ein Gepäckstück, zusätzlich ein Handgepäck mit 10kg, eine kleine Handtasche und Laptop. Also bleiben noch 2 Gepäckstücke, für die wir wohl Übergebäck bezahlen müssen.
Nach zahlreichen Sehenswürdigkeiten aus vergangenen Epochen ist es Zeit für Neueres. So geht es in die 798 Art Zone, ein großes Gelände mit ehemaligen Fabriken, von Ostdeutschen erbaut. Hier befindet sich heute die größte Konzentration zeitgenössischer Kunstgalerien in Peking. Die alten Fabrikgebäude haben einen ganz besonderen Charme und geben den Galerien und der Street-Art eine perfekte Kulisse. Es macht Spaß die unterschiedlichen Bilder, Skulpturen oder auch Mode, Schmuck und Lederwaren zu bestaunen. Ein großflächiges Graffiti symbolisiert die Freundschaft zwischen China und Deutschland, viele Skulpturen säumen den Weg, sogar Bilder von Miro, Picasso und Dali sind zu sehen und in einer Galerie hängt Hitler. Moderne Gemälde mit Hitler sind für Deutsche immer ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber in anderen Kulturkreisen anscheinend völlig normal.
Nach einer Woche verlassen wir Peking, es geht nach Europa, auf nach Riga. 27 km radeln bis zum Flughafen, wir sind nachmittags da, doch unser Flug geht erst um 2:30 Uhr in der Nacht. Mit unserem Gepäck können wir noch nichts klären, da der Schalter von Aeroflot erst gegen 22:30 Uhr öffnet. Die Räder werden mit Pappkartons abgedeckt, dann mit Bändern fixiert und wir haben sie noch mit Folie umwickelt. Beim Check-In wiegt der Mitarbeiter unsere Taschen und stellt fest, dass sie leicht genug sind, um zwei Taschen zusammen zu packen und so die Übergepäckgebühr zu sparen. Klasse, machen andere Fluggesellschaften nicht (z.B. Germanwings), also wrappen wir je zwei Taschen mit Folie zusammen und sparen 300 US Dollar Übergepäck. Wir sollen auch Batterien ins Handgepäck packen, das darf nicht ins aufgegebene Gepäck. Zurück am Check-In piept natürlich eine unserer Taschen. Die Geräte sind das modernste, was wir bisher auf Flughäfen gesehen haben, ständig piept es irgendwo, die Geräte erkennen alles. Bei uns waren 2 Feuerzeuge Schuld, Mist, alles auspacken und neu mit Folie wrappen lassen. Wir dachten nun ist es geschafft, doch unserer Fahrräder passen mal wieder nicht durch den Scanner am Schalter für Übergroße Gepäckstücke. Die Mitarbeiter diskutieren, telefonieren, die Zeit bis zum Boarding wird immer kürzer, wir werden immer nervöser, aber erst Sicherheits-Check! Wir werden in die Ankunftshalle gebracht, Diskussionen, Scanner zu klein, noch 30 Minuten bis das Boarding beginnt. Dann endlich ein Riesenscanner, da hätte selbst ein Elefant reingepasst! Keine Ahnung warum wir nicht gleich hierher gebracht wurden. Das Gerät muss erst hochgefahren werden, es dauert und dauert, dann geht es endlich los. Fahrrad rein, wieder raus und dann auf Kisten gelegt, damit man es besser am Monitor sieht, Stunden später und es ist endlich geschafft, die Räder fliegen mit uns. Wir und unser Handgepäck muss noch durch den Sicherheits-Check, alles ist hier strenger als gewohnt. Mein Handgepäck piept, vergessen die Pumpsprühflasche gegen Mücken in einen separaten Beutel zu packen, die Flasche darf mit, ich auch. Das Boarding hat bereits begonnen, doch wir schaffen es noch und fallen erschöpft in unsere Sitze.